Cultural Fit – Am Rande der Diskriminierung und doch extrem wichtig

Cultural Fit – Am Rande der Diskriminierung und doch extrem wichtig

Wir alle suchen nach einem Arbeitgeber, der uns nicht nur einen zu uns passenden Job, sondern auch ein Arbeitsumfeld bietet, das uns jeden Morgen gerne dorthin gehen lässt.

Einige Jahre wurden Start-ups für ihren lockeren Arbeitsplatz gehypt: Billardtische im Großraumbüro, Hängematten auf den Fluren – mal abgesehen von den kostenfreien Getränken oder Snacks. Und auch wenn dann einige Unternehmen diesen „Lifestyle“ übernommen haben, fanden einige Mitarbeiter etwas zum Kritisieren.

Wenn wir nun einmal diese Mitarbeiter herausstreichen, die andauernd herumkritisieren und wirklich an allem und jedem etwas auszusetzen haben, so kristallisiert sich ein Fakt heraus: Manchmal passt ein Mitarbeiter einfach nicht zum Unternehmen. Und genau das nennt man „Cultural Fit“.

Es ist heute extrem wichtig, einen Mitarbeiter zu finden, der sowohl fachlich qualifiziert ist als auch zu den Wertevorstellungen und Arbeitsweisen des Unternehmens passt. Es gibt sogar Personaler, die dem Cultural Fit eine größere Bedeutung gegenüber der fachlichen Eignung und den Fähigkeiten beimessen. Denn fachliche Qualifikationen kann man sich in den allermeisten Fällen aneignen, Softskills, Wertvorstellungen, Teamgeist etc. aber nur selten.

So macht man es richtig

Zunächst sollte die Unternehmenskultur in jedem Unternehmen deutlich und klar definiert sein. Fragen Sie sich, welche Wertvorstellungen und Arbeitsweisen in Ihrem Unternehmen vorherrschen. Dazu gehören zum Beispiel der Führungsstil, Arbeitsweisen und Regeln, hierarchische Strukturen, Arbeitsumfeld.

Die Kultur eines Unternehmens zeichnet sich vor allem durch Entscheidungsprozesse aus und wer in diese eingebunden wird. Dies betrifft auch interne Feedback-Systeme, wie die Anerkennung guter Arbeit sowie die Art der Kritikübung. Darüber hinaus wird die Unternehmenskultur durch versteckte Kriterien beeinflusst, wie die Verwendung von Symbolen und Sprache, beispielsweise durch verschiedene Anreden. 

Im Grunde hat jedes Unternehmen bereits mit der Gründung eine „Kultur“, die der/die Gründer unbewusst festlegen und dann an die Mitarbeiter (ebenfalls unbewusst) weitergeben. Sehr oft wird sie nur nie niedergeschrieben.

Spätestens, wenn der „Cultural Fit“ immer wichtiger wird, muss man sich aber die Frage stellen, wie die Unternehmenskultur eigentlich genau aussieht, damit sie verbindlich für alle definiert werden kann.

Um als Unternehmer zu erfahren, wie es in der Realität im Unternehmen aussieht, helfen Mitarbeiterbefragung genau zu diesem Thema weiter. Denn wer könnte besser beschreiben, wie es im Alltag so läuft, als die, die den Alltag leben? Die Ergebnisse der Befragung aufgearbeitet, bekommt man ein korrektes Bild der Kultur im Unternehmen.

Wichtig ist auch, die festgelegte Unternehmenskultur in der Öffentlichkeit zu kommunizieren (Webseite, Jobportale, Netzwerke). Das ist dann Teil des Employer Branding, der Arbeitgebermarke.  Nur so „verspricht“ man das Richtige nach außen und wird im ungünstigsten Fall nicht einige Zeit später als „Versprechensbrecher“ auf Bewertungsportalen wie Kununu dargestellt. Eine Tatsache, die viele Bewerber und auch die wahren Talente abschreckt. Denn wir alle wissen mittlerweile, dass in der heutigen Zeit die Bewerber die Wahl haben und die Unternehmen um Talente kämpfen müssen.

Cultural Fit finden

Viele Personaler, die den Cultural Fit als wichtigen Teil des Recruiting-Prozesses aufgenommen haben, versuchen, durch gezielte Fragen im Bewerbergespräch dessen persönliche Wertvorstellungen und Arbeitsweisen zu erfahren, um dann ein Matching vorzunehmen.

Sind Sie beispielsweise Personalleiter eines jungen, dynamischen Start-ups und suchen einen neuen Mitarbeiter, dann sollten Skills wie schnelle Entscheidungen, Achtsamkeit, Kreativität bei der Lösungsfindung eine Rolle spielen und abgefragt werden.

Wenn Sie den Bewerber interviewen, finden Sie heraus, wie viel Zeit er für das Treffen einer Entscheidung benötigt, wie er auf knifflige Fragen antwortet, wie er mit Mehrdeutigkeiten umgeht und ob er in der Lage ist, seine Strategie kurzfristig zu ändern. Sowas passt dann zu einem jungen, dynamischen Unternehmen mit schnellen, agilen Entscheidungsprozessen.

Diese Erkenntnisse beziehen Sie dann auf den Arbeitsalltag in Ihrem Unternehmen und evaluieren am besten mit Kollegen, ob und wie hoch bei dem jeweiligen Kandidaten der Cultural Fit gegeben ist.

Hier ein paar Beispiele für Interview-Fragen, die Sie auf den Cultural Fit abzielen:

  • Wie sieht das perfekte Arbeitsumfeld aus, in dem Sie am produktivsten und glücklichsten sind?
  • Wie viel Prozent Ihrer Arbeitszeit würden Sie gerne in Teams arbeiten?
  • Was denken Sie, ist die beste Methode eines Vorgesetzten, Feedback an Mitarbeiter zu geben?
  • Was denken Sie über persönliche Freundschaften unter Kollegen?

Wenn Sie (und der Bewerber) das Gefühl haben, dass es passen könnte, zeigt eine anschließende Probezeit, ob Ihr Gefühl richtig war oder nicht.

Es gibt mittlerweile sogar Softwarelösungen, um das „Zusammenpassen“ von Unternehmen und Bewerbern zu evaluieren. Doch die Erfahrung eines Personalers ist immer noch die beste Methode, ein Cultural Fit zu bewerten.

Fazit

Der Spruch „Was nicht passt, wird passend gemacht“ ist im Personalwesen vollkommen falsch!

Vergleichen wir doch einfach den Cultural Fit mit der Wahl des Ehepartners: Bloß, weil jemand auch heiraten und Kinder bekommen möchte, heiratet man diese Person nicht. Suchen Sie also nach echten Matches – nicht nur nach fachlichen Übereinstimmungen!

 

Hinweis:

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Artikel die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

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